yoga gelenkschonend

neulich sah ich ein inserat, das „gelenkschonenden yoga“ bewarb. ist yoga denn nicht sowieso gelenkschonend? ich finde: es kommt sehr darauf an… was also macht yoga aus, damit er die gesundheit der gelenke fördert? darauf gehe ich im folgenden text ein.

sanft in bewegung sein

tatsächlich zählt yoga, wie auch pilates, nordic walking, schwimmen oder radfahren, per se zu den gelenkschonenden bewegungsarten. allen genannten formen ist gemein, dass sie den ganzen körper einbeziehen, und sich durch sanfte, runde bewegungen auszeichnen. impulsive oder abrupte bewegung wie z.b. im squash gehören nicht zum repertoire dieser bewegungsarten. 

dennoch: unter dem titel „yoga“ werden viele verschiedene stile von vielen verschieden ausgebildeten personen angeboten, und nicht allen klassen würde ich das gütesiegel „gelenkschonend“ geben. woran erkennen wir also, ob es sich um eine gelenkschonende form handelt?

mobilisieren, mobilisieren und nochmals mobilisieren

zunächst: wer „schonen“ mit „nicht bewegen“ gleichsetzt, ist auf dem holzweg. unsere gelenke lieben es nämlich, wenn sie ohne last bewegt werden. durch bewegung wird die produktion und verteilung von gelenkschmiere (synovialflüssigkeit) angeregt. dies erreichen wir am besten durch eine lockere aufwärmroutine zu beginn der stunde. dabei sollten die gelenke systematisch der reihe nach in ihrem gesunden bewegungsrahmen angesprochen werden.

eine yogastunde, in der wir uns insgesamt wenig bewegen, z.b. überwiegend sitzen oder liegen, ist aus sicht der gelenke suboptimal, da sie zwar entlastung und schonung bringt, aber den stoffwechsel in den gelenken nur unzureichend unterstützt. anders gesagt: gesunde gelenke bleiben am besten gesund, wenn sie – entsprechend ihrer eignung, siehe nächster abschnitt – auch genutzt werden.

richtig und gut ausrichten

während der ausführung von yogastellungen, den asanas, legen wir sehr viel wert auf eine gute ausrichtung (engl. alignment). gute ausrichtung bedeutet, dass wir die bewegungen und haltepositionen im einklang mit den allgemeinen anatomischen funktionen und den individuellen voraussetzungen ausführen.

es gibt also einerseits allgemeine prinzipien für eine gesundheitsförderliche ausrichtung, die aus dem aufbau eines gelenks resultieren. ein beispiel: das kniegelenk ist ein roll-gleitlager. vereinfacht gesagt entspricht seine funktion derjenigen eines scharniers. es ist dafür gebaut, in einer ebene gebeugt und gestreckt zu werden. jede art von verkantung des gelenks ist nicht förderlich und führt bei wiederholter ausführung früher oder später zu schmerzen, vorzeitigem verschleiss oder sogar verletzungen an meniskus, bändern, sehnen oder knorpeln.

individuelle voraussetzungen beachten

zugleich gibt es individuelle voraussetzungen. sie resultieren zum einen aus der genetischen veranlagung, und schlagen sich in der knochenstruktur nieder. gleichzeitig bringt jeder yogi, jede yogini einen körper mit, der schon eine menge trainiert und erlebt hat. aus unseren antrainierten fähigkeiten wie kraft, ausdauer, beweglichkeit, koordination einerseits und einschränkungen aus krankheiten, übergewicht oder verletzungen andererseits ergibt sich ein sehr breites, individuelles spektrum an möglichkeiten und einschränkungen.

ein sehr geschätzter und im vergleich zu den meisten mitmenschen im westen überaus beweglicher yogalehrer erzählte dazu folgendes: bei einem aufenthalt in indien nahm er auf seine übliche art den lotussitz (padmasana, siehe beitragsbild) ein, indem er seine unterschenkel je erst links dann rechts fasste und über den entgegenliegenden oberschenkel kreuzte. zu seiner überraschung wurde er von den anwesenden indern darob fröhlich ausgelacht! warum? nun, er hatte die hände benutzt, um die beine übereinander zu schlagen. aus sicht seiner indischen freunde wirkte das ausgesprochen linkisch und unbeholfen. (du kannst dir nicht vorstellen, dass es ohne hände geht? dann such einfach mal im internet nach „lotus without hands“. )

eine anspruchsvolle stellung wie der lotussitz sollte also nur von denjenigen personen ausgeführt werden, die ein gut bewegliches hüftgelenk und eine entsprechend passende knochenstruktur mitbringen, also ein hüftgelenk, das die notwendige aussenrotation der oberschenkel ermöglicht. versucht die übende person, den lotussitz trotz fehlender voraussetzung auszuführen, kompensiert sie mangelnde beweglichkeit der hüfte automatisch mit dem knie. dabei entstehen scherkräfte, die dem knie schaden.

auch im alltag richtig bewegen

doch sogar sehr einfache übungen bergen potenzial, unseren gelenken schaden zuzufügen, wenn sie nicht richtig ausgeführt werden. ein beispiel aus dem alltag ist das treppensteigen. wer bei jedem schritt aufwärts mit dem knie nach innen fällt, was typisch für menschen mit der tendenz zu x-beinen ist, schadet seinem innenknie mit jedem schritt ein klein wenig, und auf dauer nimmt der innenmeniskus schaden. das nach innen fallende knie ist auch bei vielen asymmetrischen stehhaltungen, wie z.b. dem krieger in der zweiten variation (virabadhrasana ii) ein muster, das wir vermeiden wollen.

x-beine sind übrigens sehr häufig nicht angeboren, sondern nachgeahmt und erlernt, und damit ergebnis einer erworbenen muskulären disbalance. das ist eine gute nachricht, denn muskuläre disbalancen kann man grundsätzlich durch geeignete übungen ausgleichen. interessanterweise sind es genau die oben erwähnten asymmetrischen stehhaltungen, die – nun korrekt ausgeführt! – gut helfen, den muskulären disbalancen entgegenzuwirken. um zusätzlich die koordinationsfähigkeit des bewegungsapparates zu erhöhen, eignen sich alle balance-stellungen wie baum (vrkshasana), adler (garudasana), tänzer (natarajasana) oder halbmond (chandrasana) besonders gut.

gut ausgebildete yogalehrer erkennen bei ihren schülern bewegungsmuster, die für die gesundheit der gelenke nicht förderlich sind, und helfen ihren schülern, gesündere muster zu entwickeln, die die schüler dann auch in den alltag transferieren können. kurz: sie unterrichten gelenkschonenden yoga.

erst kräftigen, dann dehnen

das a und o für den erhalt gesunder gelenke  ist eine kräftige, ausgewogene muskulatur. in einer yogastunde üben wir darum prinzipiell zunächst kräftigende stellungen, ehe wir dehnen. das dehnen dient in erster linie dem zweck, dem angestrengten, und damit verkürzten muskel wieder zu seiner ursprünglichen länge zu verhelfen. wer zuerst oder gar ausschliesslich dehnt, bringt die dehnung weniger in den muskel, als vielmehr in die sehnen, die mit entzündungen reagieren können, oder in die bänder, die das gelenk stabilisieren. das kann in manchen fällen sinnvoll sein, ist aber oft ausgesprochen kontraproduktiv. eine extrem bewegliche „offene“ hüfte verfügt beispielsweise über einen gut gedehnten, im extremfall überdehnten oder ausgeleierten bandapparat. kann das hüftgelenk nun nicht durch kräftige und gut koordinierte muskulatur sauber geführt werden, verschleisst es verständlicherweise schneller. ein weniger offenes gelenk mit relativ kürzeren bändern ist im vergleich dazu weniger verschleissgefährdet.

die nachbarn befähigen

wer einem gelenk etwas gutes tun will, kümmert sich mit vorteil auch um die nachbargelenke. als beispiel wiederum das knie: da es ähnlich wie ein scharnier funktioniert, kann und soll es bodenunebenheiten, die eine seitliche kippbewegung oder eine rotation des beines erfordern, nicht ausgleichen. dafür sind eine kräftige, bewegliche und gut geführte hüfte und ein ebensolcher fuss zuständig. das barfussgehen in natürlichem gelände ist dafür ein hervorragend geeignete übung. nur übertreiben sollte man es am anfang nicht.

signale wahrnehmen und respektieren

zum abschluss noch etwas, was eigentlich selbstverständlich sein sollte: beim üben bemühen wir uns, unseren körper sehr gut wahrnehmen. er gibt fast immer signale, die wir intuitiv verstehen, und es ist wirklich wichtig, sie zu beachten. oft kennt der yogalehrer oder die yogalehrerin eine variante der übung, die ebenso wirksam ist, oder unterstützt individiduell mit hilfsmitteln wie gurten, klötzen, polstern. insbesondere gilt: nicht in den schmerz gehen. auch wenn das ego manchmal mehr will…

ich danke dir fürs lesen und wünsche dir viel freude beim praktizieren von gelenkschonendem yoga!


beitragsbild: anja im lotussitz „padmasana“.

die autorin hat im rahmen ihrer ausbildungen zur yogalehrerin übrigens mehr als 250 stunden anatomie und physiologie gebüffelt. mit kleinen beiträgen wie diesem hält sie ihr wissen frisch.

reduzierter betrieb von 4 bis 13 september

nicht nur die zugvögel zieht es in den süden… darum:

  • an den beiden dienstagabenden am 4 und 11 september fällt anjas kurs yoga im stil von ayi basic (planmässiger beginn 19:15)  aus.
  • an den beiden mittwochmorgen am 5 und 12 september fällt urs‘ hatha yoga klasse (planmässiger beginn 09:30) aus.
  • an den beiden donnerstagabenden am 6 und 13 september fällt urs‘ yogym klasse (planmässiger beginn 18:00) aus.

drita leitet – abweichend von der kennzeichnung im wochenplan – die hatha yoga klassen am 5, 6, 12 und 13 september, beginn jeweils 19:15.

ab 17 september ist alles wieder wie gewohnt.

fast alles, denn zusätzlich gibt es ab 16 september bis 22 september jeweils um 7 h morgens noch eine einstündige hatha-yoga-klasse mit anja. draussen im widmipark bei schönem wetter (bitte matte oder tuch selber mitbringen), drinnen in der yogacompany bei schlechtem wetter.


beitragsbild: mauersegler auf futtersuche am sommerlichen abendhimmel. aufgenommen in der yogacompany, vor abflug der mauersegler nach afrika anfangs august.

schwimmen – die vollkommenste atemregelung

was hat schwimmen mit pranayama, der yogischen atemregelung, zu tun?

seit ein paar wochen zieht es mich alle zwei tage ins paradies, nämlich ins freibad mit seiner 50 m bahn. dort schwimme ich wie ein traktörli auf dem feld, pflüge hin und zurück, und wieder hin und zurück, und nochmals hin und zurück… mir bereitet diese rhythmische, gleichförmige bewegung im pool allergrösste freude, was allerdings nur wenige menschen in meinem umfeld nachvollziehen können.

doch für mich ist es so: die äussere welt mit ihren vielfältigen reizen entrückt weitgehend, während ich gleichzeitig die strömungsbewegung des vorbeifliessenden wassers intensiv am ganzen körper wahrnehme. diese kombination aus reizentzug auf den üblichen sinneskanälen und reizüberflutung auf der hautoberfläche versetzt mich schon nach wenigen bahnen in einen meditativen zustand. hinzu kommt noch das mantraartige zählen der armzüge im atemrhythmus: auf eins einatmen, zwei, drei, vier, ausatmen auf fünf, und wieder von vorn, ein(s), zwei, drei, vier, aus…

doch den stärksten effekt hat vermutlich das rhythmische atmen selbst. im yoga ist die wirkung der atemkontrolle seit jahrhunderten bekannt, und alle yogischen traditionen kultivieren darum atemübungen: pranayama. „prana“ ist ein sanskrit-wort, das man sowohl mit „atem“ als auch mit „lebensenergie“ übersetzen kann. auf der stofflichen ebene wissen wir alle aus der schule, wie wichtig die zufuhr von sauerstoff und die abfuhr von kohlendioxid für unseren organismus ist. ist dieser stoffwechselvorgang unterbrochen, weicht das leben in allerkürzester zeit aus dem körper.

doch was ist mit dem energieaspekt? nun, auch hier gibt es mittlerweile erkenntnisse, die yogisches traditionswissen mit moderner westlichen wissenschaft belegen. aus der medizinischen forschung wissen wir, dass dem atem eine brückenfunktion zwischen den vorgängen im bewussten und unbewussten nervensystem zukommt. so ist der atem der einzige vorgang im menschlichen körper, der völlig autonom geschehen kann, aber auch bewusst und willentlichen kontrolliert ausgeführt werden kann. da der atem mit weiteren, autonom ablaufenden funktionen im körper gekoppelt ist, regulieren wir also viel mehr als nur den atem selbst, wenn wir pranayama üben. beispiel herzschlag: wenn wir mit absicht unseren atem verlangsamen und vertiefen, nimmt auch die frequenz des herzschlags ab. was der volksmund im übrigen schon lange erkannt hat, denn nicht von ungefähr kommt die redewendung „drei mal tief durchatmen“. atemkontrolle ist also auch in unserem kulturkreis bekannt, und ihre eignung als mittel zur stressreduktion längst nachgewiesen.

zurück zum schwimmen oder dem „pranayama im wasser“. in seinem wunderbaren buch „sport und yoga“ widmet der indische arzt und grosse yogi selvarajan yesudian (1916 – 1998) dem schwimmen ein eigenes kapitel, „schwimmen – die vollkommenste atemregelung“ betitelt. einige auszüge:

„ich weiss aus erfahrung, dass die meisten willensschwachen menschen, die pranayama üben, mit den atmungsübungen rasche erfolge erzielen wollen, und nicht die geduld aufbringen, wenigstens zwei monate hindurch fleissig zu üben. […] einer der fehler des europäischen anfängers ist, dass er, nachdem ihm die starke überzeugung abgeht, die übungen vernachlässigt, weil das angestrengte atmen seine lunge in den ersten tagen tatsächlich ermüdet, oder er wird ihrer überdrüssig, weil sie zu lange dauern. auch sonst ist ein starker wille erforderlich, damit der mensch nicht in das gewohnte kurzatmen zurückfällt. die bedeutung des schwimmens habe ich also aus dem grunde so stark betont, weil sie die einzige urbewegung des körpers ist, die jeden menschen zur regelung des atmens zwingt.“

„diese methode [yogisches schwimmen] empfehle ich jedem, der schwimmen kann und nicht willensstark genug ist, um regelmässige atmungsübungen durchzuführen. nach ein, zwei monaten täglichen schwimmens nach den yoga-vorschriften wird der körper von einem wunderbaren wohlbehagen durchströmt, der mensch fühlt sich stets frisch und gesund, seine arbeitsfreudigkeit nimmt zu, und „versäumt“ er das schwimmen drei, vier tage lang, so verlangt seine lunge ebenso nach den gewohnten übungen wie der raucher nach seiner zigarette.“

„die allerälteste und auch heute noch modernste form des schwimmens ist der kraul, den der hawaiische fürst kahanamoku zu beginn dieses jahrhunderts dem westen bekanntmachte. das kraulschwimmen ist ausdrücklich mit der yogi-atmungsweise verbunden. kräftige, tiefe einatmung, vier tempi kumbhaka (atempause) unter dem wasser, danach blasbalgartige ausstossung der luft durch die nasenlöcher, die noch unter dem wassser begonnen wird…“

yesudian erzählt auch einige anekdotische begebenheiten aus seinem erfahrungsschatz. yogisches schwimmen setzt er sowohl bei schülern mit übergewicht als auch bei untergewichtigen menschen als heilmittel ein. das funktioniert, so seine begründung, weil in beiden fällen der körper durch das kontrollierte atmen von einem zustand der disbalance in einen gesunden, ausgeglichenen zustand zurückgeführt werden kann.

vom schwimmen ohne mit dem kopf unterzutauchen, hält yesudian hingegen wenig. als eine seiner schülerinnen gesteht, dass ihr das untertauchen bisher nicht in den sinn gekommen sei, da „ich um meine dauerwelle besorgt war“, antwortet er ihr ganz direkt: „ja,  leider ist dies eine schlechte gewohnheit der damen.“ die übergewichtige dame vertraut seinem rat, schwimmt fortan täglich nach seinen vorschriften (mit untertauchen des kopfes) und ist nach zwei monaten zehn kilo leichter.

mit drei tipps komme ich zum schluss dieses beitrags:
lies yesudians wunderbares buch „sport und yoga“.
schwimme häufig und regelmässig yogisch.
atme bewusst.


beitragsbild: „swimmer racing in pool“ von paul bradbury via getty images