welche faktoren beeinflussen die wahrscheinlichkeit, dass yoga die gelassenheit von praktizierenden erhöht? jüngste forschungsergebnisse von der uni lausanne zeigen, dass yoga die gelassenheit erhöhen kann. dabei haben häufigkeit und intention der praxis einen einfluss.
die forschungsstudie im überblick
die fragestellung der forscher. verändern häufigkeit der praxis, praxisjahre und gründe für die praxis die emotionalen und physiologischen reaktionen auf einen positiven oder negativen reiz?
art der studie. klinische studie, quasi-experimentelle anordnung.
studienteilnehmer: 36 teilnehmende im alter von 21 bis 56, 11 männlich, 25 weiblich. alle teilnehmenden waren gesund. sie praktizierten yoga seit mindestens 6 monaten und maximal seit 11 jahren.
methoden. als studienteilnehmenden wurden schüler von yogastudios gewonnen. die teilnehmenden absolvierten eine untersuchung zu ihrer emotionalen regulation. herzschlagrate, hautleitfähigkeit und atemfrequenz wurden gemessen, während die teilnehmenden positiv, negativ oder neutral wirkende bilder ansahen. die emotionalen und physiologischen reaktionen wurden dann in bezug gesetzt zu den praxisjahren, der häufigkeit der praxis und den gründen für die praxis.
ergebnisse. mehr praxisjahre korrelierten mit relativ niedriger bauchatmungsfrequenz beim betrachten von negativen bildern. eine höhere häufigkeit der praxis stand in verbindung mit einer vertieften atmung beim betrachten von positiven bildern. yogapraktizierende, deren praxis in einem höheren mass aus mentalen gründen motiviert war, zeigten zudem eine erhöhte herzfrequenz beim betrachten von positiven bildern.
schlussfolgerung
die yoga praxis über viele jahre aufrechtzuerhalten kann ebenso zu mehr gelassenheit und gleichmut beitragen wie eine erhöhte übungsfrequenz.
yoga und gleichmut – die studie im detail
yogapraktizierende geben oft an, dass sie praktizieren, weil sie ruhiger und weniger reaktiv sein wollen. die klassischen yogaschriften, wie beispielsweise die yoga sutras von patanjali oder die hatha yoga pradipika, legen in der tat nahe, dass ein nutzen der yogapraxis der zuwachs an gleichmut oder gelassenheit ist. aber wie soll man denn nun üben, um die gelassenheit zu fördern?
genau dies wollte das forscherteam von der uni lausanne herausfinden. insbesondere war das team interessiert daran herauszufinden, ob die häufigkeit der praxis pro woche, die anzahl jahre regelmässiger praxis oder sogar die motivation der praktizierenden einen einfluss darauf hat, wie stark die reaktionen ausfallen, wenn die teilnehmenden einem positiven oder negativen reiz ausgesetzt werden.
als studienteilnehmer wurden yogis und yoginis aus den örtlichen yogastudios verpflichtet. sie repräsentierten verschiedene stilrichtungen, unter anderem hatha, vinyasa und ashtanga yoga. ingesamt 11 männer und 25 frauen im alter von 21 bis 56 jahren nahmen an dem experiment teil. alle teilnehmer hatten seit mindestens sechs monaten yoga praktiziert. niemand hatte mehr als 11 jahre praktiziert.
während der durchführung des experiments wurden den teilnehmern 20 negative, 20 positive und 15 neutral wirkende bilder aus der „geneva affective picture database“ gezeigt. um die emotionale reaktion auf die bilder einzuschätzen, wurden die teilnehmenden gebeten, für jedes gezeigte bild eine schiebemarkierung entlang einer skala von „sehr negativ“ bis „sehr positiv“ zu setzen. für die physiologischen reaktionen auf die bilder mass das forscherteam die herzschlagrate (per ekg), die hautleitfähigkeit und sowohl die bauch- als auch die brustatmung der teilnehmenden person, während die bilder gezeigt wurden.
im anschliessenden statistischen verfahren wurden die messdaten in relation gesetzt zu den angaben zuz häufigkeit der praxis, der anzahl praxisjahren und den gründen für die praxis . die ergebnisse zeigen:
- je häufiger die teilnehmenden in den monaten zuvor yoga praktiziert hatten, desto weniger intensiv reagierten sie emotional, sowohl auf die positiven als auch auf die negativen bilder.
- je langjähriger die praxis, desto langsamer war die tiefe bauchatmung beim zeigen von negativen bildern.
- umgekehrt nahm beim zeigen von positiven bildern die tiefe der bauchatmung umso stärker zu, je häufiger die teilnehmenden in den monaten vor der studie praktiziert hatten.
warum ist das resultat relevant für yogapraktizierende?
die gründe, warum wir yoga praktizieren, sind sehr unterschiedlich. sie können von wünschen zur verbesserung der physis, wie kräftiger und flexibler zu werden, reichen bis zu mentalen oder emotionalen gründen, wie konzentrationssteigerung oder mehr innere ruhe.
während es relativ einfach ist, zu merken, ob die vordere oberschenkelmuskulatur kräftiger oder die rückwärtige flexibler geworden ist, so kann es ungleich schwieriger sein, die mentalen und emotionalen veränderungen zuverlässig einzuschätzen. wenn wir auf der suche nach mehr gleichmut sind, und yoga als werkzeug dafür einsetzen, dann ist es hilfreich zu wissen, dass die yogapraxis tatsächlich die wahrscheinlichkeit für das gewünschte ergebnis erhöht. das gilt insbesondere für die mentalen und emotionalen vorteile von yoga, da es bei der wahrnehmung von augenblick zu augenblick schwieriger sein kann zu beurteiln, ob wir uns in die richtige richtung bewegen.
die studie unterstützt also die aussagen von klassichen yogatexten, die besagen, dass yoga ein werkzeug ist, um gleichmut zu fördern und dass eine beharrliche praxis über eine lange zeit von vorteil ist, wenn wir uns diese richtung bewegen wollen. die studie zeigt auch, dass die intention des praktizierenden einen einfluss hat. wenn wir nach mehr gleichmut durch die yogapraxis suchen, werden mit höherer wahrscheinlichkeit genau diesen gleichmut auch erfahren.
erinnern wir uns: bereits das yoga sutra von patanjali sagt uns, dass diejenige praxis die grösste wirkung zeigt, die lang fort dauert, ununterbrochen und engagiert ist. die vorliegenden forschungsergebnisse unterstützen diese uralte aussage:
ohne zweifel stellt sich erfolg ein, wenn eine gut fundierte praxis über lange zeit, ohne unterbrechung, mit ernsthaftigkeit und bedacht geübt wird. – patanjali yoga sutras 1.14
quelle: mocanu, e., c. mohr, n. pouyan, s. thuillard, and e.s. dan-glauser. 2018. reasons, years and frequency of yoga practice: effect on emotion response reactivity. frontiers in human neuroscience. 12:264 seiten 1-12.
https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/30022932