yoga, das ist etwas für frauen. yoga, das ist für softies, nichts für rechte kerle. yoga ist… männer und yoga, das ist eine geschichte von vorurteilen. fakt ist: auch fussballer entdecken yoga und integrieren yoga in ihr trainingsprogramm. was spricht dafür?
das darf doch nicht wahr sein
es fliesst, flow, das spiel läuft, alles gelingt. sie haben es im griff, so scheint es. der unterklassige deklassiert den oberklassigen 4:0. dann das rückspiel mit bekanntem ausgang: der oberklassige verbleibt in der oberen klasse. die psychologische erklärung des sportpsychologen heisst „priming“. doch wie vermeidet man das? eine antwort hat der sportpsychologe nicht. fakt ist: aus flow wird blockade und aus freude wird angst. was vorher gelang, misslingt. aus kreativität wird phantasielosigkeit. alle sagen sie: das darf doch nicht wahr sein. doch es ist die realität und am schluss steht die niederlage, die eigentlich nicht sein dürfte.
yoga ist gelassenheit
doch wie vermeidet man das? eine mögliche antwort lautet: yoga kann das risiko des „priming“ minimieren. denn yoga ist körper-, atem- und mentalkontrolle zugleich. yoga ist gelassenheit.
ich bin überzeugt, dass yoga, insbesondere seine mentale dimension, im umgang mit diesem und anderen „kippphänomenen“ (z.b. das team in unterzahl erringt die spieldominanz) und weit darüber hinaus einen beitrag zur beständigkeit des idealen leistungszustandes (ilz) leisten kann.
fussballer müssen fit sein: körperlich, geistig (mental) und seelisch (psychisch). mit andern worten: sie müssen kraftvoll, wach und präsent, ausgeglichen und gelassen – sie müssen resilient sein. geisteskontrolle und emotionale kontrolle entscheiden heute massgeblich über erfolg und misserfolg. das haben einige bundesligaclubs (1. fc kaiserlautern, msv duisburg, 1. fc saarbrücken) erkannt und yoga in ihr trainings- und regenerationsprogramm aufgenommen. auch die deutsche fussball-nationalmannschaft verfügt über jahrelange positive erfahrung mit yoga. dagegen ist yoga im schweizer fussball noch nicht angekommen.
mentale stärke
nach loehr „ist mental stark, wer in der lage ist, seine individuell mögliche leistung zu einem definierten zeitpunkt relativ unbeeindruckt von tagesverfassung und umweltbedingungen, abzurufen“. der top-zustand ist dort erreicht, wo höchste energie (ich will, ich kann) sich verbindet mit positiven emotionen und positiven gedanken (ich bin voller freude und gelassen). es ist von grosser bedeutung, dass fussballer auch bei ungünstigem spielverlauf und bei grosser emotionalisierung (verhalten von gegner, fans, schiedsrichter) in diesem idealzustand verbleiben können.
was kann yoga zusätzlich und ergänzend zu den bestehenden mitteln (kondition, physiotherapie, mentaltraining etc) dazu beitragen?
yoga ist mehr als gelassenheit
„yoga ist jener innerer zustand, in dem die seelisch-geistigen vorgänge zur ruhe kommen“ (patanjali yoga sutren i,2). yoga hat viel mit ruhe, also innerer festigkeit zu tun oder wie andere definitionen nahe legen: yoga ist gelassenheit in erfolg und misserfolg. yoga ist anspannung und entspannung. es gibt sehr viele definitionen und yoga umfasst weit mehr als körperhaltungen (asanas). yoga ist ein achtgliedriger entwicklungsweg. yoga hat sich über jahrtausende aus der indischen kultur heraus entwickelt und breitet sich seit dem 19. jahrhundert im westen aus. die anfänge des yoga in der schweiz liegen um 1900 (reformbewegung monté verita, 1900-1920). selvarajan yesudian, ein indischer arzt und yogi, gründete 1948 die erste yoga schule in der schweiz, welche sich über jahrzehnte stark entwickelte. heute ist yoga in der schweiz weit verbreitet. es gibt eine vielzahl von stilen, am bekanntesten ist hatha yoga. global gesehen ist yoga zu einem megatrend geworden, dessen potential von spitzensportlern, managern und künstlern zunehmend erkannt werden.
fussballer können yogische techniken erfolgreich einsetzen
für fussballer sind meines erachtens drei aspekte und die entsprechenden techniken interessant: der körperliche, der mentale und die tiefenentspannung.
asanas
es gibt tausende von asanas (körperstellungen) mit unterschiedlichen wirkungen. die übungen werden langsam, meditativ und mit dem atem synchronisiert ausgeführt. aus dieser vielzahl können, auf die bedürfnisse der fussballer ausgerichtet, 15-20 asanas ausgewählt und zu einer übungseinheit zusammengefasst und ins training integriert, kollektiv oder individuell praktiziert werden.
pranayma
pranayama sind atemübungen zur aktivierung und regulierung von lebensenergie. prana = lebensenergie; ayama = ausdehnung.
für fussballspieler erachte ich den bewussten umgang mit der atmung in zweifacher hinsicht als attraktiv: einerseits geht es um eine verbesserung der sauerstoff-versorgung sowie um die energetisierung des ganzen körpersystems und andererseits geht es um beruhigung im stress mittels atmung sowie die entspannung in der erholungsphase nach dem spiel.
folgende atemtechniken könnten für fussballer interessant sein:
vollständige yoga-atmung bestehend aus bauch- oder zwerchfellatmung, brustatmung und schlüsselbeinatmung. wechselatmung (nadi shodana; reinigungstechnik). kapalabhati (= leuchtender schädel; energetisierung, reinigungstechnik).
yoga nidra
yoga nidra (= schlaf des yogis) ist eine tiefenentspannungstechnik, die es möglich macht, sich in einer halben stunde auf körperlicher, mentaler und emotionaler ebene völlig zu entspannen. während man yoga nidra praktiziert pendeln körper und geist zwischen entspannung und dämmerschlaf hin und her. dabei ist es grundsätzlich möglich, elemente aus dem persönlichen mentaltraining in die entspannung zu integrieren (positive selbstinstruktion, autosuggestion, selbsthypnose).
mit diesen techniken können generelle und spezielle körperliche und geistige wirkungen erzielt werden.
wirkungen der körperpraxis
das achtsame üben von asanas integriert und harmonisiert körper und geist. körper ist die grobstoffliche form von geist und geist ist die feinstoffliche form des körpers. durch körperkontrolle findet gleichzeitig die beherrschung des geistes statt. der geist ist präsent, beobachtet und
nimmt wahr. die schulung des beobachtenden geistes wirkt sich in allen emotionalisierten verhältnissen günstig aus, was ja im fussball häufig der fall ist. das affektrisiko wird geringer (tätlichkeiten, ausfälligkeiten gegen-über schiedsrichter etc.). die spezifischen wirkungen der einzelnen asanas sind mannigfaltig. alle aber fördern sie die resilienz. spezifische asanas können sich günstig auf den ausgleich körperlicher dysbalancen auswirken, welche im fussball auf grund des betonten körpereinsatzes häufig sind (kopfball, sturz, verspannungen im schussbein etc.). weitere positive effekte sind: verbesserung der flexibilität, kraft, kraftausdauer, des gleichgewichts und der koordination. regelmässige yogapraxis vergrössert den bewegungsradius und stimuliert die gelenke durch eine höhere kapillarisierung der umgebenen muskulatur. yoga nach dem spiel beschleunigt die regeneration. yoga minimiert generell verletzungsrisiken.
wirkungen von atemübungen
im vordergrund steht die bauch- oder zwerchfellatmung. dabei wird tief in den bauch eingeatmet (die bauchdecke hebt sich, die brust bleibt unbewegt) und langsam und vollständig ausgeatmet (die bauchdecke senkt sich, die brust bleibt stabil). dieses einfache und bewusste atmen beruhigt und verbessert die sauerstoffaufnahme. sie ist ein einfaches und wirksames mittel bei spielunterbrüchen und in der pause. die anwendung von kapalabhati zur energetisierung eignet sich vor dem spiel, muss jedoch angeleitet werden. die wechselatmung eignet sich für die regeneration.
wirkungen von yoga nidra
während der körper „schläft“, bleibt die innere bewusstheit erhalten. so können sich körperliche, mentale und seelische verspannungen lösen und blockaden können abgebaut werden. bei regelmässiger übung fühlt es sich nach 30 min an, als ob man drei bis vier stunden normal geschlafen hätte. das ist für die regeneration von herausragender bedeutung.
yoga wirkt
yoga wirkt, das lässt sich erfahren. wer sich dieser erfahrung aussetzt, lässt vorurteil und skepsis hinter sich, gewinnt an innerer festigkeit, schärft sein bewusstsein und steigert seine lebensqualität.